Es gibt Orte, die mehr sind als ein schöner Blick.
Orte, an denen etwas in uns stiller wird.
Wo wir nicht leisten oder reagieren müssen.
Wo wir einfach ankommen dürfen – im Moment, bei uns selbst.
Einer dieser Orte liegt für mich am Rand meines Dorfes.
Ein Feldweg, eine Bank, ein frei stehender alter Baum, ein weiter Blick über Felder und Dächer.
Nichts Spektakuläres. Aber wenn ich dort sitze, verändert sich etwas in mir. Mein Atem wird tiefer. Mein Blick weiter. Mein Körper weicher.
Diese Wirkung ist nicht eingebildet.
Sie ist spürbar – physiologisch und psychisch.
Was ist ein „Ort der Ruhe und Geborgenheit“?
In der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) nutzen wir das Konzept ganz bewusst: Es geht darum, einen inneren oder äußeren Ort zu finden, der Sicherheit vermittelt. Einen Raum, der Halt gibt – gerade dann, wenn es im Außen unruhig ist.
Solche Orte können real sein: ein Waldrand, ein Lieblingsplatz im Garten, eine bestimmte Ecke auf dem Sofa.
Oder innerlich gestaltet – durch Vorstellungskraft, Erinnerung, wiederkehrende Rituale.
Wichtig ist nicht die Form, sondern die Funktion:
Ein Ort, der uns zur Ruhe kommen lässt.
Der uns spüren lässt: Ich bin sicher. Hier darf alles einen Moment lang still sein.
Warum solche Orte unsere Resilienz stärken
Resilienz bedeutet, die Fähigkeit zu haben, wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen – auch wenn es schwierig wird.
Ein Ort der Ruhe und Geborgenheit ist eine Ressource, die genau das ermöglicht:
– einen Moment des Innehaltens
– eine Unterbrechung des inneren Stresses
– ein Gefühl von innerem Raum
Solche Orte aktivieren unser parasympathisches Nervensystem – den Teil, der für Erholung und Regeneration zuständig ist.
Sie helfen uns, Reiz und Reaktion zu entkoppeln. Wir kommen raus aus dem „Tun müssen“ – rein ins bewusste Spüren.
Gerade für Menschen mit hoher Belastung, vielen Rollen oder chronischem Stress ist das essenziell.
Wer regelmäßig Zugang zu einem Ort der Geborgenheit hat, baut auf eine stabile, innere Ressource.
Selbstfürsorge beginnt hier
Selbstfürsorge ist mehr als Wellness, Tee und Badewanne.
Sie beginnt mit der Entscheidung, sich selbst wieder als bedeutsam zu erleben.
Ein Ort der Ruhe ist ein stiller Akt dieser Entscheidung.
Er ist ein Gegenpol zur ständigen Erreichbarkeit, zur Daueranspannung, zum mentalen Multitasking.
Er muss nichts leisten, nichts lösen. Nur da sein.
Und das reicht manchmal, um den Tag anders zu beenden – oder neu zu beginnen.
Ich erlebe in meiner Arbeit immer wieder, wie kraftvoll dieser Schritt ist:
Wenn jemand (wieder) einen Ort findet, an dem er sich nicht überwinden oder rechtfertigen muss.
Wo kein Anspruch wartet, sondern ein Gefühl von: Hier bin ich willkommen. Ohne Aufgabe, ohne Rolle.
Das kann der Anfang von etwas Wesentlichem sein:
mehr Selbstkontakt, mehr Ruhe, mehr Entscheidungsspielraum.
Impuls zum Mitnehmen
Vielleicht hast du so einen Ort schon.
Vielleicht ist er verloren gegangen.
Vielleicht kannst du ihn (wieder)finden.
Du kannst ihn dir erschaffen – in der Realität oder in deiner inneren Vorstellung.
Und du kannst ihn nutzen. Als Teil deiner Selbstfürsorge. Als Stärkung deiner Resilienz. Als Erinnerung: Du hast Ressourcen. Auch dann, wenn es sich anders anfühlt.